Rahel Sanzara

Geboren:
09.02.1894
Gestorben:
08.02.1936

Johanna Bleschke, die 1917 das Pseudonym Rahel Sanzara für sich wählte, wurde 1894 in Jena geboren. Ihr Vater wünschte sich für seine Tochter ein bodenständiges Auskommen, doch bereits in jungen Jahren träumte sie von einer Karriere als Tänzerin und Schauspielerin. Während des Ersten Weltkrieges arbeitete sie als Krankenschwester und nach Kriegsende begann sie ihre Tanzausbildung bei Rita Sacchetto in Berlin. In München erhielt sie Schauspielunterricht bei Otto Falckenberg.

Auf den Bühnen spielte sie ausschließlich Rollen expressionistischer und aufbegehrender starker Frauen. Ernst Weiß, ein aus dem Prager Kulturkreis bekannter jüdischer Schriftsteller und lange Zeit mit Sanzara liiert, besetzte sie 1919 mit der Hauptrolle in seinem Stück „Tanja“, welches überragend von der Kritik gefeiert wurde. In den folgenden Jahren zwischen 1921 bis 1923 spielte sie am Hessischen Landestheater in Darmstadt die weiblichen Hauptrollen wie bspw. Frank Wedekinds „Lulu“ oder Oscar Wildes „Salome“. 1924 führte sie noch einmal, allerdings unter anderer Regie, „Tanja“ in Berlin auf. Die Kritiken waren verheerend und Rahel Sanzara zog sich aus der Theater- und Schauspielwelt zurück.

Ihr erster Roman „Das verlorene Kind“, der bereits in der „Vossischen Zeitung“ vorabgedruckt wurde, brachte ihr zwei Jahre später einen unerwarteten und sensationellen Erfolg. Viele Literaturkritiker wie etwa Albert Ehrenstein äußerten sich über ihr Debüt mit den folgenden Worten: „‚Das verlorene Kind‘ scheint mir das beste Prosawerk zu sein, das von einer deutschen Dichterin während der letzten Jahrhunderte geschrieben wurde […] Das Buch ist nämlich, auf der ethischen Höhe eines Tolstois, eine sprachlich vollkommene Meisterleistung.“ (zitiert in Serke, Die verbrannten Dichter, S. 314 ff.). Der Roman wurde in hohen Auflagen verkauft und in 11 Sprachen übersetzt. Rahel Sanzara war für den Kleist-Preis nominiert, den sie aber ablehnte.

In den folgenden Jahren schrieb sie noch einen zweiten Roman („Die Hochzeit der Armen“) und die Erzählung „Die glückliche Hand“ (1933), die aber nicht mehr veröffentlicht werden konnten, da man nach der Machtübernahme Hitlers ihr Werk bereits als „nichtarisch“ aufgrund ihres Pseudonyms und vor allem als „zersetzend“ bezeichnete und somit verbot. 1927 heiratete sie den jüdischen Börsenmakler Walter Davidsohn, die Ehe war eher pragmatischer Natur, eine enge Beziehung pflegte sie bis zu ihrem Tod zu Ernst Weiß. Jedoch wusste niemand aus ihrem Umfeld um die schweren gesundheitlichen Folgen ihrer Krebserkrankung, der sie 1936 einen Tag vor ihrem 42. Geburtstag in Berlin erlag.

Text: Kathrin Huhn

Quellen: Wall, Renate: Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen im Exil 1933 bis 1945, Bd. 2. Freiburg i. Br. 1995; Weidermann, Volker: Das Buch der verbrannten Bücher. München 2009; Serke, Jürgen: Die verbrannten Dichter. Lebensgeschichten und Dokumente. Weinheim/Basel 1992.

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