Am 7. April 1933 erließ die Reichsregierung das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“. Der Titel des Gesetzes ist ein Euphemismus, denn es handelte sich um die rechtliche Grundlage, um in der Folge nicht nur ›jüdische‹ und politische opponierende Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer zu entlassen. Auch führt er in die Irre, da es zeitgenössisch ein aktives Berufsbeamtentum gab. Das Gesetz lieferte zusammen mit weiteren Gesetzen und neuen Universitätsverfassungen in den Ländern des Reichs den rechtlichen Rahmen, um die wissenschaftspolitische Ausrichtung der Hochschulen zu verändern. Kultusminister Bernhard Rust ließ per Ministerialerlass zahlreichen Professor:innen und Dozent:innen die Lehrbefugnis entziehen.
Die Maßnahmen gingen in zwei Richtungen: Einerseits wurden ganze Institute geschlossen, andererseits neue gegründet. Forschungseinrichtungen und Lehrstühle mit Fokus auf Militarismus, Rassenlehre und Nationalismus etwa wurden verstärkt unterstützt, ausgebaut oder neu eingerichtet. Viele Professor:innen und Dozent:innen erhielten für das Sommersemester 1933 eine Beurlaubung, die in den meisten Fällen im Laufe des Jahres in eine Versetzung in den Ruhestand umgewandelt wurde. Die Leitung der Deutschen Studentenschaft nahm das Gesetz positiv auf und forderte in einem Schreiben die Studenten am 19. April 1933 dazu auf, „Angaben zu machen“ über
„Hochschullehrer, die unter das Gesetz vom 7. April fallen, das heißt Hochschullehrer, die Juden sind oder kommunistischen Organisationen bzw. dem Reichsbanner u.ä. angehört haben […], die nationale Führer, die Bewegung der nationalen Erhebung oder das Frontsoldatentum beschimpft haben. Hierfür sind genaue Zeugenangaben notwendig (eidesstaatliche Versicherung)“.
Das von der Berliner Presse als „Spionageerlass“ bezeichnete Schreiben schließt dabei nicht nur explizit an das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums an“, die Deutsche Studentenschaft rief dazu auf, seine Umsetzung zu beschleunigen, „einen wirksamen Boykott der Vorlesungen und Übungen von Hochschullehrern durchzuführen, deren Entfernung aus dem Amt durch den Staat nicht sofort möglich ist.“ Die betroffenen Hochschullehrer wurden schikaniert und bedroht. Verteidigten sich die Lehrenden, wurden ihre Äußerungen an die DSt weitergeleitet.
Bis 1939 emigrierten über 3000 Wissenschaftler:innen aus Deutschland. Die meisten emigrierten in die USA, aber auch Mexiko, die Türkei, China, Schweden und Großbritannien waren Fluchtländer. Für die deutsche Wissenschaft bedeutete dieser „Brain drain“ einen Verlust in allen Fächern, der die heutige deutsche Wissenschaftslandschaft noch immer im negativen Sinn prägt.
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